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Zeittafel zur Frauenbewegung

1811 Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch besagt: „Der Mann ist das Haupt der Familie. In dieser Eigenschaft steht ihm vorzüglich das Recht zu, das Hauswesen zu leiten; es liegt ihm aber auch die Verbindlichkeit ob, der Ehegattin nach seinem Vermögen den anständigen Unterhalt zu verschaffen und sie in allen Vorfällen zu vertreten." Und weiters, dass „die Gattin den Namen des Mannes erhält und die Rechte seines Standes genießt. Sie ist verbunden, dem Mann in seinen Wohnsitz zu folgen, in der Haushaltung und Erwerbung nach Kräften beizustehen und, soweit es die häusliche Ordnung einfordert, die von ihm getroffenen Maßregeln sowohl selbst zu befolgen als befolgen zu machen."
Das ABGB von 1811 gilt bis 1976.


Das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch von 1811

1848 Unter dem Eindruck der "Praterschlacht" gründet Karoline von Perin den Wiener Demokratischen Frauenverein - den ersten politischen Frauenverein in Österreich. Der Verein hat zum Ziel, für die soziale Gleichberechtigung der Frau und „die Verbreitung der demokratischen Gesinnung in allen weiblichen Kreisen“ zu kämpfen. Unter den Mitgliedern sollen keine Standesunterschiede gelten und Männer sind von der Mitgliedschaft ausgeschlossen. Nach der Niederschlagung der Revolution wird der Verein verboten, Karoline von Perin wird des Landes verwiesen und verliert das Sorgerecht für ihre Kinder. Ihr Lebensgefährte, der Journalist Becher, einer der Anführer des Wiener Oktoberaufstands, wird standrechtlich erschossen.


In der "Praterschlacht" wurden Frauen, die gegen Lohnkürzungen protestierten, brutal niedergemacht.

1866 Nach der Niederlage gegen Preußen wird der Wiener Frauen-Erwerb-Verein gegründet, um Kriegswitwen eine Möglichkeit des Verdiensts zu eröffnen. Näh- und Strickstuben, Fortbildungsschulen und eine Frauenhandelsschule werden errichtet. Das Berufsspektrum ist nicht breit: Erzieherin, Kindergärtnerin, Krankenpflegerin stehen bürgerlichen Frauen zur Auswahl.

1870 Bei der 3. Generalversammlung des Wiener Frauen-Erwerb-Vereins stellt Marianne Hainisch ihren berühmten Antrag auf Errichtung eines Unter-Realgymnasiums für Mädchen.

1888 Zum Gründungsparteitag der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei wird von ihrer Ortsgruppe Anna Altmann delegiert. Doch die Ortsgruppe wird aufgefordert, einen männlichen Delegierten zu wählen.

1890 wird der Arbeiterinnen-Bildungsverein am Neubaugürtel gegründet. Dort finden jeden Samstag ideologische Vorträge statt. Unter der Woche unterrichten Lehrerinnen ehrenamtlich über Gesundheit und Schrifttum. Eine große Bibliothek steht den Frauen zur Verfügung.

1892 Gründung der Arbeiterinnenzeitung. Ihre wichtigste Autorin, Schriftleiterin und Vorreiterin der österreichischen sozialistischen Frauen ist Adelheid Popp.
Zu den zentralen Forderungen der proletarischen Frauenbewegung gehört die Verkürzung der Tagesarbeitszeit, das Verbot der Kinderarbeit, die Vergesellschaftung der Hausarbeit, demokratische Gestaltung des Mutter- und Kinderschutzes. Die Frauern fordern volle politische Rechte, also die Aufhebung der frauenfeindlichen Vereins- und Versammlungsrechte (Frauen durften bis 1911 keine Vereinsmitglieder werden) und das freie, gleiche und geheime Wahlrecht, besonders das Frauenwahlrecht. Außerdem kämpfen sie für die Gleichwertigkeit von Bildung, Beruf und Verdienst für Frau und Mann. Sie fordern die freie Wahl des Partners und freiwillige Eheschließung. Sie kämpfen für Frieden und Abrüstung. Sie sehen die Frauenfrage als wesentlichen Teil der sozialen Frage und ordnen die Frauenfrage der Klassenfrage unter.


Die Arbeiterinnenzeitung

Adelheid Popp

1893 Auguste Fickert gründet gemeinsam mit Marie Lang und Rosa Mayreder den Allgemeinen Österreichischen Frauenverein. Sie fordern absolute staatsbürgerliche Gleichstellung, die Zulassung zu allen Bildungsstätten, gleiche Berufsmöglichkeiten für Frauen bei gleichem Lohn. Fickert setzt sich auch für Prostituierte ein und initiiert 1895 die erste Frauenrechtsschutzstelle Österreichs. Sie arbeiten phasenweise mit den Sozialdemokratinnen zusammen.


Rosa Mayreder

1893 kommte es zum ersten von den Sozialistinnen organisierten Arbeiterinnenstreik in Gumpendorf. 600 Frauen demonstrieren drei Wochen lang gegen die unwürdigen Arbeitsbedingungen.

1898 Noch beim Linzer Parteitag wird den Genossinnen jede eigenständige, politische Handlung abgesprochen. Ihre Aufgabe sei es, durch Bewältigung der Alltagssorgen den Genossen die Ausführung ihrer öffentlichen politischen Pflichten zu erleichtern.

1902 Der Verein sozialdemokratischer Frauen und Mädchen wird gegründet. Die Gründerinnen sind Adelheid Popp, Gabriele Proft, Anna Boschek und Amalie Seidl.

1902 Marianne Hainisch gründet den Bund Österreichischer Frauenvereine.

1905 Die österreichischen Arbeiter erkämpfen mit einem Generalstreik das allgemeine und gleiche Wahlrecht. Im November marschieren 250.000 über die Ringstraße. Die sozialdemokratische Frauenbewegung verzichtet entsprechend der Direktive der Partei auf ihren Anspruch auf das Frauenwahlrecht, um nicht die Erlangung des Männerwahlrechts zu gefährden.

1905 Bürgerliche Frauen, die jeden Anschluss an eine politische Partei ablehnen, stellen zur gleichen Zeit die Forderung nach dem Frauenstimmrecht und gründen 1905 zu diesem Zweck ein "Frauenstimmrechtskomitee". Doch das Vereinsrecht von 1867 verbietet es Frauen, einen politischen Verein zu gründen.


Demonstration für das Frauenwahlrecht

1910 Bei der Frauenkonferenz der Zweiten Internationalen in Kopenhagen beschließen die Frauen auf Initiative von Clara Zetkin alljährlich einen Kampftag der Frauen zu begehen, der in erster Linie der Agitation für das Frauenwahlrecht dienen und internationalen Charakter haben soll. Der Internationale Frauentag, der heute noch am 8. März jedes Jahres gefeiert wird, ist geboren.


Aufruf zum Frauentag

1919 Erst nach dem Krieg wird in Österreich das Frauenwahlrecht eingeführt. Im März 1919 ziehen acht Frauen in die gesetzgebende Versammlung ein. Sieben Sozialdemokratinnen: Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft, Therese Schlesinger, Amalie Seidel, Maria Tusch; und eine Christlichsoziale: Hildegard Burjan.


Erstmals gehen in Österreich auch Frauen zur Wahl.

1938 Da in der NSDAP Frauen keine Leitungsfunktionen übernehmen durften und außer der NSDAP keine Partei zugelassen war, konnten auch keine Frauen in den - sowieso bedeutungslosen - Reichstag gewählt werden. Das passive Wahlrecht für Frauen war also praktisch aufgehoben. Nach der nationalsozialistischen Ideologie sollte die Frau sich dem Mann unterordnen, sich auf die Mutterrolle konzentrieren und dem Staat "erbgesunden" Nachwuchs liefern. In Deutschland waren die Frauen zunächst aus dem Arbeitsleben gedrängt worden. Doch je mehr Männer an die Front mussten, um so mehr wurden die Frauen in den Rüstungsbetrieben gebraucht.


"Wir Frauen kennen unsere Pflicht."

1976 Die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkung der Ehe - die Familienrechtsreform - geht vom Grundsatz aus, dass Mann und Frau in der Ehe gleiche Rechte und Pflichten haben. Der Mann ist nicht länger „Haupt der Familie" und kann seiner Ehefrau nicht mehr verbieten, berufstätig zu sein. Hausarbeit wird erstmals als gleichwertiger Beitrag zum Unterhalt anerkannt, die EhepartnerInnen können nun erstmals auch entscheiden, ob sie den Namen des Mannes oder der Frau als Ehenamen führen wollen.     


Flugblatt der AUF

1978 Mit der Neuregelung des Kindschaftsrechts wird die „väterliche Gewalt" über die Kinder beseitigt. Vater und Mutter haben fortan gleiche Rechte und gleiche Pflichten. Auch Mütter sind seither berechtigt, Dokumente für ihre Kinder zu unterschreiben.
Im Zuge der Neuordnung des Güterrechts wird die bis dahin geltende Rechtsvermutung, dass das während der Ehe erworbene Vermögen vom Mann stammt, eliminiert. Im Falle der Auflösung einer Ehe wird die Teilung des in der Ehe erworbenen Vermögens vorgenommen.


Aufruf zum 1. Mai

Demonstration am 1. Mai

1979 wird das Gesetz über die Gleichbehandlung von Mann und Frau bei der Entlohnung beschlossen und eine Gleichbehandlungskommission eingerichtet, die bis heute als Anlaufstelle bei Nicht-Einhaltung existiert.

1979 Johanna Dohnal wird Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen im Bundeskanzleramt. Auch drei weitere Staatsekretariate in der sozialistischen Regierung werden mit Frauen besetzt.


Johanna Dohnal

Hausbesetzung in Linz 1981

Fest gegen das Verbot

Plakataktion gegen die Palmers-Werbung 1981

1982 Walpurgisnacht-Demonstration

Frauenzeitschriften in Österreich 1987

1990 Errichtung des Bundesministeriums für Frauenangelegenheiten. Johanna Dohnal wird este Frauenministerin. Auf ihre Initiative werden Frauenrechte wie die Beseitigung der Amtsvormundschaft für Kinder von ledigen Müttern, das Recht zur Betretungsverweigerung bei Gewalt in der Ehe und das Verbot der sexuellen Belästigung gesetzlich verankert.


Verleihung des Wiener Frauenpreises an Eva Geber (links), Publizistin und langjährige Mitherausgeberin von AUF - eine Frauenzeitschrift, und Margit Schratzenstaller (rechts), Wirtschaftsforscherin, 2009
(In der Mitte Frauenstadträtin Frauenberger)

(14.3.2013)