1768 Kaiserin Maria Theresia unterzeichnet die Constitutio Criminalis Theresiana, das erste einheitliche Strafgesetzbuch für Österreich. Als Strafe für Abtreibung ist die Hinrichtung durch das Schwert vorgesehen.
1787 Joseph II. schafft die Todesstrafe ab und ersetzt sie durch eine mehrjährige Kerkerstrafe. In der Folgezeit ist auch das Auspeitschen lediger Frauen, die abgetrieben hatten, verbreitet.
1803 Strafrechtsreform unter Franz II.: Abtreibung bleibt ausnahmslos verboten und wird mit schwerem Kerker bis zu fünf Jahren geahndet. Das Strafgesetzbuch von 1803 bleibt praktisch unverändert bis zum Ende der Monarchie in Kraft.
1922 entscheidet der Oberste Gerichtshof, dass der Abbruch der Schwangerschaft straffrei bleibe, wenn er zur Abwendung einer Gefahr für das Leben der Schwangeren vorgenommen werde.
1930 Die Massenprodutkion von Kondomen aus Latex beginnt.
1934 Unter der Regierung Dollfuß müssen öffentliche Kondomautomaten abmontiert werden. In Deutschland ist unter der nationalsozialistischen Herrschaft der Gebrauch von Kondomen verboten. Nur an Soldaten werden sie verteilt, zwecks Verhütung von Geschlechtskrankheiten.
1938 Durch den Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland gelten nun die Gesetze des Deutschen Reichs.
Abtreibung ist generell verboten. Das Anbieten von Abtreibungsmitteln, -methoden und -diensten ist verboten.
Das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" erlaubt bei Frauen, die als "rassisch minderwertig" eingestuft sind, die Abtreibung und die Sterilisierung.
1943 Verschärfung der Strafe bei Abbruch für den Fall, dass „die Lebenskraft des deutschen Volkes“ fortgesetzt beeinträchtigt wird. Die Todesstrafe für die Durchführung von Abbrüchen wird vorgesehen. (So begründet ein Wiener Sondergericht die Todesstrafe gegen eine Linzerin, die mehrere Abtreibungen durchgeführt hat, damit, dass dies im vierten Kriegsjahr passiert, "wo doch die Fortdauer des deutschen Volkes durch Förderung von Kinderreichtum gewährleistet sein muss".)
Andererseits bleibt ein Abbruch straflos, wenn er die Fortpflanzung „minderwertiger Volksgruppen“ verhindert. Dies erlaubte in der Endphase des Krieges auch den legalen Abbruch für deutsche Frauen, die von sowjetische Soldaten vergewaltigt worden waren. Eine Vergewaltigung durch westalliierte Soldaten war kein Anlass für einen legalen Abbruch.
1945 In der ersten Zeit der Besatzung nach Ende des Kriegs wurden an die 100.000 österreichische Frauen von russischen Soldaten vergewaltigt. Frauen, die eine Bestätigung von russischen Kommandanten oder von ihrem Bürgermeister hatten, dass sie vergewaltigt worden waren, konnten in dieser Zeit im Wiener Allgemeinen Krankenhaus straflos einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen.
1947 Der argentinische Arzt Carlos Galli Mainini veröffentlicht seine Arbeiten zur Entwicklung des ersten Schwangerschaftstests. Dabei wird einem südafrikanischen Krallenfrosch ein wenig Urin der Frau eingespritzt. Wenn der Frosch innerhalb von drei Stunden Spermien produziert, ist die Frau mit großer Sicherheit schwanger. Apotheken und Labors bieten diese Tests an. Allerdings interveniert in Österreich bald die Ärztekammer und setzt durch, dass das Ergebnis des Tests nicht der betroffenen Frau mitgeteilt werden darf, sondern nur dem zuständigen Arzt.
1954 wird eine Kommission zur Ausarbeitung eines neuen Strafgesetzentwurfes eingesetzt. Zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs werden drei verschiedene Varianten für eine Indikationenlösung ausgearbeitet.
1961 Die "Antibabypille" kommt in Österreich auf den Markt.
1970 Die SPÖ gewinnt die absolute Mehrheit.
1971 Die Regierung legt dem Parlament einen Entwurf vor, der vorsieht, dass der Abbruch einer Schwangerschaft straflos sein soll, wenn "besonders berücksichtigungwürdige Gründe" vorliegen. Im gleichen Jahr beantragt die Junge Generation in der SPÖ beim Parteitag, den Schwangerschaftsabbruch straffrei zu stellen.
1971 Gründung des Aktionskomitees zur Abschaffung des § 144 durch Eva Kreisky, Irmtraut Karlsson, Rosemarie Fischer, Gertrud Edlinger u.a. Das Komitee stellt sich bei einer Pressekonferenz vor und beginnt, Unterschriften zu sammeln.
1971 Gründung der Aktion Leben, die sich gegen die Abschaffung des § 144 engagiert.
1972 Die Forderung des Aktionskomitees zur Abschaffung des § 144 wird von der sozialistischen Bundesfrauenkonferenz aufgegriffen und gemäß ihrem Antrag stellt sich der Parteitag im April hinter die Fristenregelung.
1973 Der Antrag wird am 8. Mai im Parlament deponiert und am 29. November im Nationalrat mit 93 Ja- gegen 88 Neinstimmen angenommen. Der Bundesrat lehnt den Gesetzesbeschluss im Dezember ab.
1974 Am 23. Jänner fasst der Nationalrat einen Beharrungsbeschluss. Daraufhin erhebt die Salzburger Landesregierung Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Dieser entscheidet am 11. Oktober 1974, die Fristenregelung sei nicht verfassungswidrig und verletze auch Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht, welcher nicht festlege, ab welchem Zeitpunkt das Leben geschützt ist.
1974 Die Aktion Leben leitet ein Volksbegehren zur Schaffung eines Bundesgesetzes zum Schutz des menschlichen Lebens von der Empfängnis an ein. Das Begehren bekommt nahezu 900.000 Unterschriften, wird jedoch 1977 im Nationalrat abgelehnt.
1975 Am 1. Jänner tritt die heute noch geltende Fristenregelung in Kraft. Der § 144 verbietet weiterhin den Schwangerschaftsabbruch, doch bleibt er straffrei, wenn er in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft durchgeführt wird oder wenn eine medizinische Indikation vorliegt. Einen Anspruch auf Schwangerschaftsabbruch gibt es nicht, da kein Arzt/keine Ärztin und kein Spital verpflichtet ist, einen Abbruch durchzuführen.
1980 Die ersten Schwangerschaftstests für zu Hause kommen auf den Markt. Damit können die Frauen unabhängig von Ärzten/Ärztinnen oder Labors feststellen, ob sie schwanger sind, und können selbst entscheiden, mit wem sie ihr Wissen teilen.
2005 Eine Novelle des Wiener Landessicherheitsgesetzes ermöglicht es, AbtreibungsgegnerInnen wegzuweisen, die Frauen beim Betreten von Abtreibungskliniken belästigen und einschüchtern.
2009 Kardinal Schönborn protestiert gegen die Feier zum 30-jährigen Bestehen des Ambulatoriums für Schwangerenhilfe. Human Life International organisiert eine Demonstration gegen die Feier, Frauengruppen organisieren eine Gegendemonstration.
(14.3.2013)