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Kapitel 1: Gleichheit ohne Herrschaft


Anmerkung: Die Audiodateien sind gekürzt

Die ersten paar hunderttausend Jahre, seit es Menschen gibt, lebten sie in kleinen Gruppen von 50 bis höchstens 150 Menschen zusammen und ernährten sich von Früchten, Nüssen, Wurzeln und Blättern, die sie sammelten, und von Tieren, die sie jagten. Von den Menschen, die heute noch vom Sammeln und Jagen leben – zum Beispiel die baMbuti im Kongo, die Khoi in Namibia oder die Maniq auf der Malayischen Halbinsel – , wissen wir, dass sie keine Herrscher oder Häuptlinge haben, keine Richter und keine Gesetze. Die Jagdbeute wird aufgeteilt, niemand ist reicher oder ärmer als die anderen. Alles, was die Gemeinschaft betrifft, wird so lange besprochen, bis alle sich geeinigt haben, und was nur Einzelne betrifft, bleibt ihnen überlassen. So entstehen Regeln für das, was sich gehört und was sich nicht gehört, die aber nirgends aufgeschrieben sind, und die die Menschen ändern, wenn sie meinen, dass das besser wäre. Die Wissenschaft nimmt an, dass die SammlerInnen und JägerInnen in vorgeschichtlicher Zeit es ähnlich gemacht haben.

Gruppe von Khoi
Eine Guppe von Khoi in Namibia
Quelle: Wikipedia

Herrschaft gibt es erst seit kurzer Zeit, seit etwa 15.000 Jahren, als die Menschen begonnen haben, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Erst als die Menschen Vorräte an Nahrung und Saatgut anlegten und Viehherden hielten, war es möglich, dass eine kleine Anzahl von Kriegern mit ihrem Anführer die Bauern zwangen, für sie zu arbeiten. Das, was früher selbstverständlich war – dass alle Menschen die gleiche Arbeit taten, gleiche Rechte und gleichen Anteil an der Nahrung hatten – galt nun nicht mehr. Es entstanden Staaten mit Königen, Kriegern, Beamten, Priestern und Priesterinnen, Handwerkern und Handwerkerinnen, Bauern und Bäuerinnen. Wer was tun durfte und was nicht, entschied der Herrscher mit seinen Kriegern und Beamten. Verschiedene Menschengruppen hatten verschiedene Rechte, und die wenigsten Rechte hatten meistens die, die die meiste Arbeit taten, die Bauern und Bäuerinnen. Kriegsgefangene wurden oft versklavt, und Sklaven hatten meist gar keine Rechte, sie wurden überhaupt nicht als Menschen angesehen, wurden wie Vieh verkauft und gekauft und oft schlechter als Vieh behandelt.


Der assyrische König Ashurbanipal
Quelle: flickr

Natürlich wehrten sich die entrechteten Menschen auch immer wieder, es gab Sklavenaufstände und Bauernaufstände und Handwerkeraufstände, aber die waren nicht immer erfolgreich. Die Herrscher gewährten den Menschen nur dann Rechte, wenn ihnen nichts anderes übrig blieb. Auch im antiken Griechenland, das als "Wiege der Demokratie" gilt, galten die Bürgerrechte nur für Männer mit einem bestimmten Mindestbesitz, nicht für Frauen, Sklaven und arme Männer.


Wiener Forum für Demokratie und Menschenrechte
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Martin Auer
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