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Zeittafel zu Kapitel 2

1705-1722 Aufstand der Wiener Schuhknechte


Schuhmachergesellen

1731 Das „Koalitionsverbot“ untersagt die Bruderschaften der Handwerksgesellen. Ausgenommen sind nur die Buchdruckergesellen.

1820 Die ersten Dampfmaschinen werden in Österreich eingesetzt.

1848 Revolution in Wien. Gemeinsam mit dem Bürgertum gehen die Arbeiter Wiens auf die Barrikaden. Sie fordern eine demokratische Verfassung. Der Buchbindergeselle Friedrich Sander gründet den Ersten Allgemeinen Arbeiterverein. Karl Marx hält dort den berühmten Vortrag über Lohnarbeit und Kapital. Mit der Niederlage der Revolution wird auch der Arbeiterverein aufgelöst. Das Koalitionsverbot ist wieder in Kraft.


Erzherzog Albrecht lässt in die Menge schießen.

1849 Der Kaiser erlässt selbst eine Verfassung. Der Reichsrat ist ein reines Beratungsgremium, dessen Mitglieder der Kaiser selbst auswählt.

1864 Gründung der 1. Internationale in London (führend: Karl Marx und Michail Bakunin).

1867 Das neue Vereinsrecht ermöglicht die Gründung des Gumpendorfer Arbeiterbildungsvereins.


Der Vorstand des Gumpendorfer Arbeiterbildungsvereins

1869 25.000 Arbeiter demonstrieren gegen das Koalitionsverbot.

1870 Aufhebung des Koalitionsverbots. Gleichzeitig wird den Anführern des Kampfs der Prozess gemacht wegen „Hochverrats“.

1873 Ein Klassenwahlsystem wird eingeführt. Wer weniger als 10 Gulden Steuer zahlt, ist vom Wahlrecht ausgeschlossen.

1880 bis 1887 Die Arbeiterschaft und ihre Organisationen sind gespalten: Gemäßigte Sozialdemokraten wollen die soziale Lage der ArbeiterInnen verbessern und demokratische Rechte erkämpfen. Revolutionäre wollen die gesamte Gesellschaftsordnung verändern. Die Arbeiterklasse soll die Macht im Staat übernehmen. Anarchisten wollen den Staat abschaffen.

1883 Das Gesetz über die Bestellung von Gewerbeinspektoren hilft die ärgsten Missstände in den Fabriken zu beseitigen.

1884 Die Regierung verhängt über einige Wiener Arbeiterbezeirke den Ausnahmezustand und erlässt ein sogenanntes Anarchistengesetz.

1885 Die Gewerbeordnung legt für Fabriken den 11-Stundentag fest, verbietet Kinderarbeit unter 14 Jahren und Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche. Fürs Kleingewerbe gibt es keine Bestimmungen.

1888 Die gesetzliche Kranken- und Unfallversicherung wird eingeführt.

1888/89 Auf dem Hainfelder Parteitag zu Silvester 1888/89 wird mit der Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei unter Victor Adler die Spaltung der Arbeiterschaft überwunden.

1889 Der internationale Sozialistenkongress beschließt, den 1. Mai 1890 zum internationalen Kampftag für den Achtstundentag zu erklären.

1890 Am 1. Mai demonstrieren 100.000 Menschen im Prater für den Achtstundentag: 8 Stunden Arbeit, 8 Stunden Freizeit, 8 Stunden Schlaf. Die Regierung bietet Militär auf, doch es kommt zu keinen Zusammenstößen.


Plakat für den Achtstundentag

1893 Mit dem ersten Gewerkschaftskongress beginnt der allmähliche Zusammenschluss zu einer schlagkräftigen Organisation. Vertreter von Organisationen mit zusammen 50.000 Mitgliedern beraten sich. (Bis 1906 wird sich die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder verzehnfachen).

1895 Anton Hueber übernimmt das Sekretariat der zentralen Gewerkschaftskommission. Anna Boschek leitet die Frauenarbeit im Sekretariat. Frauen werden in den Fabriken gern beschäftigt, weil sie weniger Lohn verlangen und weniger Widerstand leisten. Von den Männern werden sie oft als Lohndrückerinnen angesehen. Boschek bemüht sich, die Frauen in die Gewerkschaften zu holen, um die Konkurrenz zwischen Männern und Frauen zu beenden.

1897 Die Tschechische Gewerkschaftskommission spaltet sich von der Reichsgewerkschaftskommssion ab.

1891 Der Papst nimmt in der Enzyklika Rerum Novarum zur sozialen Frage Stellung.

1892 Leopold Kunschak gründet den Christlichen Arbeiterverein.

1897 Die fünfte Wählerklasse wird erkämpft. In den ersten vier Klassen wählen die Besitzenden, die (seit 1882) mindestens 5 Gulden Steuer zahlen, in der fünften alle Männer über 24. Obwohl sie die Mehrheit der Wahlberechtigten ausmachten, konnten sie nur 72 Abgeordnete wählen, die ersten vier Klassen aber 353 Abgeordnete. 14 Sozialdemokraten werden in den Reichsrat gewählt.

1901 bis 1903 Wirtschaftskrise. Zuerst entlassen die Unternehmer die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter. Im Arbeitsbuch, das jeder Arbeiter haben muss, werden geheime Vermerke angebracht („Schwarze Listen“), so dass diese Gewerkschafter auch sonst nirgends Arbeit finden können.

1905 Revolution in Russland. Die österreichischen Arbeiter nützen die gute Wirtschaftslage, um mit einem Generalstreik das allgemeine Wahlrecht zu erkämpfen. Im November marschieren 250.000 über die Ringstraße.


Demonstration für das allgemeine Wahlrecht

1907 Erste Reichsratswahl auf Grund des allgemeinen, gleichen, geheimen Wahlrechts, das allerdings nur für Männer gilt. 89 Sozialdemokraten werden gewählt, darunter viele Gewerkschafter.


Der Textilarbeiter Ferdinand Hanusch im Wahlkampf

1908 Österreich annektiert Bosnien-Herzegowina. Der Erste Weltkrieg kündigt sich an. Die Gewerkschaften treten in Versammlungen für den Frieden ein, die Arbeiter werden von den Kriegstreibern als „vaterlandslose Gesellen“ bezeichnet.

1910 Die Zahl der Kollektivverträge ist gestiegen, die Mindestlöhne werden angehoben. Der Zehnstundentag ist in allen Betrieben die Regel, abgesichert durch Kollektivverträge.

1911 100.000 demonstrieren gegen steigende Lebensmittelpreise und Mieten. Die Regierung setzt Polizei und Militär ein. In Ottakring errichten Demonstranten Barrikaden. Zum ersten Mal seit 1848 wird auf Demonstranten geschossen. 4 Arbeiter sterben.


Polizei bezieht Stellung vor einem Lebensmittelgeschäft.

1914 Der Erste Weltkrieg beginnt. Die Sozialdemokratische Partei hat bisher die Haltung vertreten, dass österreichische Arbeiter nicht auf französische oder russische Arbeiter schießen sollen in einem Krieg, den die Kapitalisten führen, um die Welt unter sich aufzuteilen. Doch jetzt gibt sie diese Haltung auf und stellt sich auf die Seite ihrer Regierung. Das Parlament ist ausgeschaltet, es herrscht Diktatur, der Ministerpräsident regiert mit Notverordnungen. Die Rechte der Arbeiter sind stark eingeschränkt, viele müssen einrücken oder werden in kriegswichtige Betriebe eingewiesen. Frauen müssen in die Betriebe, um die Arbeit der eingerückten Männer zu machen. Die Gewerkschaften verlieren zwar viele Mitglieder, doch der Anteil der Frauen steigt.


Frauen in der Rüstungsindustrie

1916 Friedrich Adler, der Sohn des Parteigründers Victor Adler, erschießt den Ministerpräsidenten, um die Arbeiterschaft aufzurütteln. Die Arbeiterbewegung schüttelt ihre Resignation ab und beginnt wieder zu kämpfen.

1917 Revolution in Russland. In Österreich Streiks wegen Nahrungsmittelknappheit.

1918 In den Wiener Neustädter Daimlerwerken wird gegen die Halbierung der Mehlrationen gestreikt. Der Streik weitet sich bald auf große Teile der Monarchie aus, die Arbeiter und Arbeiterinnen fordern die Beendigung des Kriegs. Die Monarchie bricht auseinander.


Jännerstreik 1918


Wiener Forum für Demokratie und Menschenrechte
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Martin Auer
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